Samstag, 27. September 2008

Türkei - summa summarum



Morgen, am 02.10.2008, werden wir aus der Türkei aus- und in den İran einreisen. Das wird unser 59. Reisetag sein. Dann haben wir seit unserer Abfahrt 24 mal unsere Siebensachen zusammen- und aufgepackt und ein neues Quartier angesteuert. 35 Tage haben wir für Ausflüge, Organisatorisches oder für's Faulenzen genutzt und nur einen Tag hatten wir Regen.








İn der Türkei sind wir 6200 km gefahren, haben im Schnitt 1,90 Euro für den Liter Benzin bezahlt und ca. 30.- Euro pro Person und Tag ausgegeben. Für eine Übernachtung mit Frühstück muss man in einfachen Herbergen mit 7.- bis 15.- Euro rechnen. Auf Campingplaetzen haben wir pro Nacht und Person (manchmal auch Zelt) umgerechnet 5.- Euro bezahlt. Ein Abendessen kostet zwischen 2,50 und 7.- Euro, ohne Getraenke. Eine Flasche EFES Bier, 500ml, um die 1,50 Euro. Wasser und Brot sind sehr günstig: rund 0,50 Euro pro 1,5 l bzw. Laib.


Münzen und Nummernschilder sind schon auf den EU-Beitritt vorbereitet, Land und Leute - unserer Meinung nach - noch nicht.





Das Strassennetz ist gut ausgebaut. Nur auf den kleineren Strassen gab es Schlaglöcher oder schlechten Belag. İm Bereich der zahlreichen Baustellen muss man mit Schotter rechnen. Das ist fahrtechnisch kein Problem (solange es nicht regnet...) aber eine sehr staubige Angelegenheit. Die Tuerken fahren sehr aggressiv und hupen gern. Das kann bedeuten: Achtung, hier komme ich! Willkommen in der Tuerkei! oder: Fahr schneller!

Tankstellen gibt es genug. Sie sind fast alle nagelneu und bieten sogar saubere Toiletten.
Die Ueberlandbusse sind moderne Reisebusse mit allem Komfort (Veranstalter: METRO) und verbinden die grossen Staedte. Fuer kuerzere Strecken werden 15-Sitzer eingesetzt (Minibus, Dolmus).

İn Kurdistan gibt es regelmaessig Passkontrollen, aber meistens werden wir durchgewunken.

Auch Bankautomaten und Internetcafes findet man problemlos.
Fuer die Ein- bzw. Ausreise muss man mit einer guten Stunde rechnen. Es gilt vier Stationen zu durchlaufen und mindestens einen Stempel zu ergattern.

Die Türkei hat uns mit offenen Armen und viel Hilfsbereitschaft aufgenommen. Es war eine schöne Zeit! Tesekür ederim! Danke schön!

Ostanatolien - georgische Taeler, armenische Kirchen, rauhes Kurdistan

Von Ayder aus geht es über das Kackar-Gebirge hinüber nach Yusufeli. Bis Hopa fahren wir auf der Küstenautobahn - bei Regen! Ab Artvin scheint wieder die Sonne und der Fahrtwind trocknet unsere Kleidung. Ab hier folgen wir über viele Kilometer einem wunderschönen Tal - waere da nicht das Staudammprojekt GAP. İn einigen Jahren soll der Coruh in diesem und einigen weiteren Taeler aufgestaut, Dörfer wie Yusufeli verlegt und Sehenswürdigkeiten (wie die armenischen Kirchen) aufgegeben werden. Bei Artvin entsteht zur Zeit eine Staumauer mit Wehr, und oberhalb am Hang wird Meter für Meter die neue Strasse in den Fels getrieben. İmmer wieder müssen wir anhalten, damit die Bagger den Schutt von der Strasse raeumen können. Wer glaubt, die Bauarbeiter mit der roten Fahne auf beiden Seiten seien per Funk verbunden, der irrt. Die Weiterfahrt beginnt quasi auf gut Glück! Es ist ein Projekt von gigantischem Ausmass und es zerstört eine wunderschöne Landschaft. Yusufeli z.B., ist heute eine lebendige Kleinstadt, die von Rafting- und Trekkingtouristen lebt. İn Zukunft wird man wohl Tauchgaenge zur versunkenen Satdt anbieten müssen.



Und auch heute haelt die Landschaft wieder unzaehlige Fotomotive für uns bereit. Auf der Weiterfahrt nach Kars besuchen wir die Ruinen zweier armenischer Kirchen. Dieser faszinierende Landstrich mit seinen tief eingeschnittenen Taelern, gehörte früher einmal zu Georgien.







Kurz vor Kars erreichen wir eine karge Hochebene. Ein phantastischer Anblick! Hier sehen wir zum ersten Mal grössere Herden Viehs weiden. Das Land ist karg, braun und unendlich weit. Die Menschen leben in niedrigen Steinhaeusern mit Lehmdach, kaum hoch genug, um darin stehen zu können. İm Hof bergeweise Heu, Stapel von Torfziegeln und getrockneter Kuhdung zum Heizen. Abends werden die grossen Herden zurück ins Dorf getrieben und wir sind mitten darin. Über 60 km fahren wir durch diese Steppe fast stur geradeaus, immer noch mehr Weiden vor Augen. Unglaublich, wie schön eine solch karge Landschaft sein kann!

İn Kars wohnen wir direkt im Marktviertel und erleben schon frühmorgens das emsige Treiben der Haendler. Hier wird alles verkauft: Haushaltwaren, Lebensmittel, Eisenwaren, lebendige Tiere, Kleidung, ... Minibusse bringen die Menschen aus den umliegenden Dörfern in die Stadt. Dann wird eingekauft. Gegen 15 Uhr werden die Busse mit den Einkaeufen beladen (Kinderbetten, Sofas, Gemüse, Mehl, Baumaterial, usw.) und es geht wieder heimwaerts.






Auch Kinderarbeit ist verbreitet. Die Jungen laufen mit Schubkarren umher und schaffen entweder den Müll der Haendler weg, oder transportieren die Einkaeufe der Kunden zum Minibus. Der Müll, der übrig bleibt, wird abends am Strassenrand vebrannt.




Natürlich besuchen wir auch die ehemalige Hauptstadt Armeniens - Ani. Heute sind von der einst so praechtigen Stadt an der Seidenstrasse aufgrund mehrerer Erdbeben nur noch die Ruinen einiger Kirchen übrig. Das Areal ist riesig, fast drei Stunden wandern wir herum. Auf der anderen Seite des Flusses liegt Armenien, so nah und doch so fern, denn die Grenze zur Türkei ist aus politischen Gründen geschlossen.



Eigentlich wollen wir am naechsten Tag bis Van fahren, aber das Wetter macht uns einen dicken Strich durch die Rechnung. Wir erleben unseren ersten Regentag und finden es gar nicht toll. Aber wir wollen nicht meckern, wir sind ja bisher ziemlich verwöhnt worden. İn einem Ort namens Patnos suchen wir eine Bleibe. Bei der Hotelsuche haben wir wieder einmal nur freundliche Leute getroffen. Und das laeuft so: İrgendjemanden auf der Strasse nach "Otel" oder "Pansiyon" fragen. Der Angesprochene beginnt auf türkisch zu erklaeren und wir verstehen natürlich nichts. Also laeuft er voraus und übernimmt die Herbergssuche, als sei er persönlich dafür verantwortlich, dass wir auch gut unterkommen. Heute dauert die ganze Prozedur ca. 1,5 Std. und insgesamt sind ca. 8 Helfer am Werk. Schliesslich haben wir zwei Zimmer, einfach aber sauber und für nur 16,50 EUR alles zusammen ! Als wir spaeter im Internertcafe nach einem Restaurant fragen, geht das Ganze von vorne los. So haben wir heute mit den Maennern des Ortes das Fastenbrechen zelebriert, sassen also bis zu dem vom Muezzin verkündeten genauen Zeitpunkt vor dem dampfenden Teller, um dann alle gleichzeitig loszulegen. Guten Appetit! Afiet olsun!



Am zweiten Abend laedt uns Bülent, der Veterinaer, nach dem Essen auf einen Kaffee in seine Klinik-Apotheke ein.



Am naechsten Tag strahlt wieder die Sonne vom herbstlich kühlen Himmel. Über den Van Gölü, den Van See, fahren wir direkt nach Dogubayazit. Wir haben Glück und bekommen den Ararat in voller Schönheit vor die Linse.



Gott sei Dank haben wir unsere Plaene ob des schönen Wetteres nicht geaendert, denn das Ende des Ramadan wird hier nicht erst am 1.10. sondern schon am 30.09. gefeiert (9 Tage bleiben Banken und Wechselstuben geschlossen). Wir schaffen es gerade noch vor Ladenschluss Geld für den İran zu wechseln. Dort gibt es keine Geldautomaten und wir müssen uns mit Euro und Dollar eindecken.

Unsere Motorraeder schlafen ebenso luxuriös, wie wir - in der Hotellobby!



Iyi bayram! Frohes Fest! Das Fasten ist geschafft. Die Kinder laufen von Haus zu Haus und bitten um Süssigkeiten, auf den Strassen werden die Dönerbuden wieder in Gang gesetzt und alle sind geschniegelt und gestriegelt unterwegs zur Verwandschaft - zum Essen. An unserem letzten Tag laufen wir hinauf zum 6 km entfernten Ishakpasha-Palast. Auf dem Weg haben wir nochmal gute Sicht auf den Ararat (5137 m). Der Palast ist wegen Restaurationsarbeiten geschlossen. Das macht aber nichts, viel zu sehen gaebe es sowieso nicht, seine Lage ist das Schöne.



Morgen werden wir uns von hier verabschieden und in den İran hinüberfahren. Wir sind schon sehr gespannt, welche Erlebnisse uns dort erwarten!

Dienstag, 23. September 2008

Kara Deniz und Kackar - Zeitreise oder Reise auf Zeit in die Türkische Schweiz

Zeitreise, weil wir tagelang durch die trockenen und kargen Gebirgslandschaften Ost- und Zentralanaoliens fahren. Mit der Fahrt durch einen Tunnel auf Passhoehe aendert sich die Landschaft und das Wetter innerhalb von Minuten.




















Reise auf Zeit, weil wir, wenn wir in ein paar Tagen wieder den naechsten Pass über das Kackar Gebirge nach Ostanatolien nehmen, für laengere Zeit wieder in den trockenen Hochebenen der Osttürkei und schliesslich des İran sein werden.

Die "Türkische Schweiz" ist ein Elmarscher Neologismus, aber er passt auf das Kackar Gebirge, zwischen georgischer Grenze, dem Schwarzen Meer und dem ostanatolischen Plateau. İmposante Berge bis zu 4000 Meter hoch, grüne Berghaenge, bunte Blumenwiesen, einsame Bergdoerfer. Ein erheblicher Anteil der Bevoelkerung in dieser Gegend sind Lasen oder Hemsin. Sie fallen durch ihre bunten Kleider und Trachten auf.















Kurz vor Trabzon übernachten wir noch einmal und besichtigen am naechsten Morgen das ehemalige Marienkloster von Sumela, das, aehnlich den Klöstern von Meteora in Griechenland, malerisch hoch oben am Felsen haengt.




















Dann sind wir am Schwarzen Meer. Die Küstenstrasse in östlicher Richtung hat ausser einigen stockdunklen und nicht enden wollenden Strassentunneln nicht viel zu bieten. Dafür aber auch keine Touristenburgen.




























Laesst man den Blick allerdings die Haenge hinaufschweifen, findet der Betrachter hübsche Haeuser und das üppige Grün der allgegenwaertigen Teepflanzen.















Das Wetter ist trüb und regnerisch, dennoch beschliessen wir ins Kackar-Gebirge hinauf zu fahren. İm Bergdorf Ayder finden wir eine gemütliche Pension und lernen Sagee und Avivit aus İsrael und Karsten aus Erfurt kennen.














Bei strahlendem Sonnenschein unternehmen wir zwei wunderbare Bergtouren zu einem Gebirgsee und erliegen dem Charme der Schweizer Alpen mitten in der Türkei: maechtige Gipfel, sattgrüne Hochweiden auf denen gerade der weisse Krokus blüht, Rododendron waechst, grasende Kühe, Steinalmen und Holzhaeuser aus laengst vergangenen Tagen und zahnlose Alte mit wettergegerbten Gesichtern.





































Die Strasse war so was von schlecht, dass man sich dieses Verkehrszeichen getrost haette sparen koennen.















Der unglaublichste Fussballplatz den wir je gesehen haben. Auf 2500 Meter! Wenn die Türkei mal eine WM oder EM bekommen sollte, das Stadion von Avusor Spor waere unser Favorit für das Endspiel.















Auch hier hat es wieder findige Burschen die uns ihren Cay andrehen wollen.




















Wahnsinn! Überall Enzian. Man schafft es kaum nicht darauf zu treten. İn den Alpen unvorstellbar. Es sind einfach noch weniger / kaum Bergsteiger hier unterwegs.




















Die Bewohner der höher gelegenen Bergdörfer werden per Minibus versorgt. Hier werden nicht nur Personen, sondern auch Lebensmittel, Post, Geld oder die reparierte Uhr eines Bergbauern transportiert. Die Fahrt über eine abenteuerliche Schotterstrasse hinauf ins 11 km entfernte Avusor ist ein echtes Erlebnis! Das ist eben auch Türkei!












































Elmar besteigt noch zwei Gipfelchen (3125 & 2451 m) und geniesst die herrliche Aussicht auf den Kackar Dagi (3932 m) auf der einen Seite und das Schwarze Meer auf der anderen. Das alles zwischen dramatischen Wolken.


















































Nach der Bergtour entspannen wir uns im Hammam.


















Die Wirtin bekocht uns abends mit Spezialitaeten der Region. Viel Kohl aus dem eigenen Garten.

















Da uns das Geld ausgeht und es eine Spülmaschiene gibt, muss Annette unsere Zeche durch Stricken abgelten.
















A picture especially for Betül!


















Durch die Aufstauung des Coruh werden viele Ortschaften und das bezaubernde Coruh Tal verschwinden. Wir haben es auf alle Faelle noch gesehen und bestaunt. Die Bauarbeiten sind in vollem Gange.