Samstag, 13. Dezember 2008

Namaste - Willkommen in Delhi

Gegen 23 Uhr heben wir am 08.12.2008 in einer nagelneuen Maschine der Jet Airways von Dubai ab.

In Dubai im Duty Free ergaenzen wir noch unsere Reiseapotheke. Jeder eine Flasche. Jeweils ein winziger Schluck morgens und abends zur Desinfektion. Vielleicht hilft's, und wenn es nur ein Rezept des Doktor Placebo ist. Jedenfalls ist dieser Trunk fuer nicht mehr als zum Desinfizieren gut, findet Elmar. Er freut sich schon wieder auf einen Single Highland Malt kommenden Winter vor dem heimischen Kamin.



Kaum 3,5 Std. spaeter landen wir auch schon in New Delhi auf dem Indira Ghandi International Airport. Der Service an Bord ist gut, der am Boden niederschmetternd. Fast zwei Stunden dauert es, bis wir alle unsere Gepaeckstuecke beisammen haben. Dann hatten wir vor, uns entweder gleich zum Cargo Terminal zu begeben, um uns nach den Motorraedern zu erkundigen, oder bei der Hotelinfo eine passende Bleibe zu finden. Der Cargo Terminal ist drei Kilometer weit weg und eine erwaehnenswerte Hotelinfo gibt es nicht. Draussen ist es noch stockdunkel und der Ankunftsbereich des Flughafens bietet reichlich wenig Moeglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Zur Sicherheit der Passagiere schlaeft ein bereits pensionierter und wieder reaktivierter Soldat im Eck mit umgehaengter Jagdschrotflinte ... Wir sind hundemuede und wenig entscheidungsfreudig. Immerhin beschliessen wir, uns heute nicht mehr um die Motorraeder zu kuemmern und legen uns mehr schlecht als recht fuer gut zwei Stunden hin.





Schliesslich rufen wir auf gut Glueck irgendein Gaestehaus aus dem Reisefuehrer an. Man hat dort zwar kein Zimmer frei, will uns aber in der Nachbarschaft eines finden. Wir sollen nur erst einmal herkommen. Gesagt, getan. Um 7.30 Uhr sitzen wir in einem der typischen schwarzen uralten Ambassador- prepaid-Taxis zur Stadtmitte. Es ist diesig, frisch, die Sonne geht gerade auf und es herrscht noch kaum Verkehr. Ein erster Affe am Strassenrand, Motorrikschas, Mopeds, uralte Busse und nur wenige Menschen.

Ganz anders in unserem Zielviertel Paharganj. Es ist das Low-Budget-Viertel der Stadt, besteht eigentlich nur aus Basar und liegt nahe dem Hbf. Enge Gassen, Muell, Kuehe, Hunde, kleine Laeden, Haendler mit Handwagen, viele Hotels und der scharfe Geruch nach Urin heissen uns herzlich Willkommen in Delhi - Namaste! Wir finden ein passables Zimmer und kaum drin, schlafen wir auch schon - bis nachmittags um zwei! Auch an Kakerlaken in Bett und Schlafsack gewoehnt man sich!

Wir raffen uns zu einem ersten Stadtrundgang auf. Am bekannten Connaught Place soll ein bewachter Parkplatz sein. Genau das Richtige fuer unsere Vehikel.

Connaught Place, Zentrum Delhis (es gibt auch saubere Ecken hier...)



Wir laufen zu Fuss, wollen gleich richtig eintauchen. Unsere ersten Eindruecke vom Morgen bestaetigen sich, allerdings ist nun mehr los. Ueberall wird gehupt, gespuckt, gefeilscht und aufdringliche Haendler und Rikschafahrer lassen sich nur schwer abschuetteln. Wow, das ist also unser "zuhause" fuer die naechsten zwei Monate!







Heilige Kuh oder Plage, weil unantastbar?



Schulbus!



Das Leben spielt sich in Indien auf der Strasse ab.



Telefonvermittlung!



Bei Dunkelheit sieht dann alles nur noch halb so schlimm aus. Man sieht weder den Muell, noch die abbruchreifen Haeuser, nur der Geruch der oeffentlichen Urinale bleibt.



Die britische Kolonialherrschaft ist noch ueberall zu erkennen. Die Haeuserfassaden waeren wirklich sehr sehenswert, nur ist alles in einem erbaermlichen und elenden Zustand.







Am naechsten Morgen nehmen wir eine Motorradrikscha (Tuktuk) zum Flughafen. Dort beginnt ein 5-stuendiger Spiessroutenlauf vom Office der Emirates Sky Cargo, ueber Leute, die keine Ahnung haben, zum Zoll. Die Bueros im New (!?!) Customs Building sind in einem bedauernswerten Zustand. Uraltes Mobiliar, stapelweise alte Akten, jede Menge Mitarbeiter, von denen nicht jeder auch etwas zu tun hat, keine Computer dafuer aber Blaupapier und Formularbloecke en masse.



Deutsche Firmen lassen in Indien Programme schreiben, die Arbeitsprozesse vereinfachen sollen und hier arbeiten sie noch wie vor 50 Jahren! Der Wahnsinn! Um 17 Uhr haben wir - angeblich - alle Stempel und Unterschriften beieinander um am naechsten Tag die Maschinen freizubekommen.
Den Buerokratismus haben die Pomes, als sie Indien in die Unabhaengigkeit entlassen haben, leider nicht mitgenommen.

Abends streifen wir durch's Viertel. Staendig muss man Pfuetzen, Matsch, Muell, Kuhfladen, Tabakspucke oder einem der vielen Fahrzeuge ausweichen, die sich ihren Weg lautstark freihupen. Dennoch: eindrucksvoller kann es nicht sein. Bei einem kleinen Schrein z.B. erklingt froehliche Musik. Die Glaeubigen klatschen im Rhythmus und schwenken ein brennendes Licht in einer Schale. Bei einer Arztpraxis kann man eine echte Toilette benutzen und kaufen kann man hier sowieso alles. Wir bekommen auch Einblicke in private Wohnungen. Ganze Familien leben hier in einem Zimmer, das gleichzeitig Wohn-/ Schlafzimmer und Kueche ist. Wasser gibt es auf der Strasse....Toiletten??? Hocke, Sari heben und ablassen.

Wie verabredet sind wir tagsdrauf puenktlich um 10.30 Uhr wieder beim Zoll. In den Bueros herrscht noch gaehnende Leere. "Vor elf faengt hier keiner an", erklaert uns ein Putzman.



Nach weiteren Stempeln und Gebuehren liefert man uns die Maschinen schliesslich aus. Es ist bereits 15 Uhr. Joerg und Elmar machen sich gleich ans Auspacken und Zusammenschrauben, dann Tanken, beim Zoll das Carnet de passage abholen und dann sind wir wieder "on the road".

Endlich haben wir unsere 2 treuen Reisebegleiter wieder!











Die Zuschauermenge waechst stetig an, bis irgendwann ein Wachmann kommt und alle zurueckschickt. Husch husch, zurueck an die Arbeit!



Die Mopeds kommen vollkommen unbeschaedigt in Indien an. Die hervorragende Verpackung zahlt sich aus.









Wer sein Moped liebt, der schiebt ... wenigstens vom Zoll bis zur Tankstelle.



Insgesamt hat uns der Versand gute 7 Arbeitstage und je 1428.- Euro gekostet!

Den Weg zurueck in die Stadt finden wir problemlos. Es ist zwar viel Verkehr und man muss gut aufpassen, aber die Inder fahren ruhiger und weniger aggressiv als die Iraner. Joerg hat richtig Spass beim Slalomfahren. Hoffentlich bleibt das so!

Zur Feier des Tages gehen wir heute Abend in einem richtigen Restaurant essen und bezahlen statt 4.- eben 8.- Euro ... zu dritt!

Die naechsten Tage haben wir nun endlich Zeit zum Sightseeing. Wir laufen viel und nehmen nur zwischendurch eine Rikscha, so sieht man einfach mehr.





Besucht wird das sog. "Rote Fort"









und die "Jama Masjid Moschee" von Old Delhi.





Schade, dass auch die Sehenswuerdigkeiten in keinem guten Zustand sind. Das alte Indien liegt weit zurueck und nur einzelne Fassaden und Bogengaenge erinnern noch an die verschwenderische Pracht. Allerdings waere es auch nicht richtig, Geld in die Restaurierung zu stecken, wenn vor den Toren die Menschen auf der Strasse regelrecht verhungern. In dieser Stadt leben mehr Menschen, als sie vertragen und ernaehren kann (offiziell 10 Millionen). Und wahrscheinlich gilt das fuer das ganze Land. Viele leben auf der Strasse, ein Buendel, an einen Zaun gehaengt, ihre einzige Habe. Sie leben von der Hand in den Mund - an guten Tagen. Verwunderlich, dass nicht noch mehr gebettelt wird ... Annette empfindet Ekel, Mitleid, ist fassungslos und doch gleichzeitig fasziniert. Aber wir koennen die Welt nicht veraendern und verbessern. Das waere der besagte Tropfen auf den heissen Stein. Wir koennen nur schauen, aufnehmen, staunen, begreifen, verstehen und lernen. Wir geben keine Almosen, versuchen uns nicht ueber's Ohr hauen zu lassen, feilschen aber fuer Dienstleistungen auch nicht um jede Rupie. Uns tut's nicht weh und den Einheimischen tut's gut.

Am Nachmittag bewundern wir die feinen Sandsteinarbeiten des Akshardham Tempels (riesige Tempelanlage zu Ehren des Bhagwan Swaminarayan) und sehen das Grab Mahatma Ghandis.



In dieser Nacht erwischt es Annette. Flotter Otto. Sie bleibt den Tag ueber im Zimmer, immer in Reichweite der Toilette. Joerg und Elmar besichtigen den hinduistischen Tempel Laxmi Narayan





sowie das Eisenbahnmuseum. Indien mit seinem weit ausgebauten Schienennetz hat hier viel zu bieten. Wir sind die einzigen Touristen, ansonsten nur Einheimische und Schulklassen. Das Museum wird nicht im Lonely Planet erwaehnt! Es sind wirklich sehenswerte Objekte ausgestellt, nur leider alle in einem erbaermlichen Zustand. Direkt vom operativen Betrieb ins Museum … und das teilweise erst in kuerzester Vergangenheit!



Auf dem Rueckweg besichtigen wir noch den Lotus Tempel der hinduistischen Baha'i Sekte.



Auch am kommenden Tag bleibt Annette noch einmal "zuhause". Joerg und Elmar laufen zum Denkmal "Salt March", das Mahatma Ghandi darstellt, wie er das indische Volk dazu ermuntert selbst Salz zu gewinnen und somit das britische Monopol zu unterwandern.



Unterwegs werden wir noch Zeuge einer indischen Hochzeit und werden auch eingeladen. Dankend lehnen wir ab. Waeren wir vollstaendig gewesen, haetten wir uns dieses Fest nicht entgehen lassen!

Indischer Hochzeitslader.









Die Prachtstrasse Rajpath verbindet den Praesidentenpalast Rashtrapati Bhavan







mit dem Kriegsdenkmal "India Gate" aus dem Ersten Weltkrieg.



In Indien werden noch die schoenen Royal Enfield gebaut. Machen einen wunderbaren Sound, gibt es auch als Diesel.



Fuer den Silberruecken: Ein gemeines indisches Makaken- Paerchen.



Sondervorstellung!



Elmar ist fuer (fast) jeden Schmarrn zu haben und in Indien gibt es den Beruf des Ohrenputzers. Schon passt's zam! Es mag den einen oder anderen nun eventuell ekeln. Erstaunlich ist, was da alles zum Vorschein kommt (und sicherlich nicht nur beim Elmar) und das darauffolgende Hoererlebnis ist phaenomenal. Auch euere Ohren wuerden Augen machen. Lange in Vergessenheit geratene Frequenzen werden wieder zum Klangerlebnis.

6 Kommentare:

Annette, Joerg und Elmar hat gesagt…

Lieber Uwe,

In Indien gibt es viele Hindu- Tempel. Einige sind dem Elephantengott gewidmet, andere dem Affengott. Sitzt Du denn in Rosenhausen schon in Deinem Weihnachtstempel? Wem ist dieser denn geweiht? Dem Silberruecken? Tragen denn die Kollegen auch schoen artig diese bescheuerten Weihnachtszipfelmutzen? Die meinige liegt im Rollkontainer. Da liegt sie gut! Du hast Dir sicherlich heuer wieder was originelles (auf bayerisch: an Schmarrn) fuer die Kollegen ausgedacht? Bist sicherlich schon a weng aufgeregt,zwecks Weihnachten und wichteln! Der Makake ist stark, gell? Propeller hatte er nicht drauf. Schmunzeln muss ich schon etwas, wenn ich mir gerade den Uwe vorstelle, wie er da zwischen seinen blinkenden Kitschutensilien sitzt. Ich schau' mir morgen jedenfalls mal das Taj Mahal an. Auch so ein Tempel, fuer eine grosse Liebe. Zur Erinnerung: Maennertoilettenversprechen sind Ehrensache!

Maria Weihnachten (wie der Ami sagt) und lieben Gruss vom Elmar

Anonym hat gesagt…

Servus,

coole Bilder von Indien. Am besten finde ich den Vater und Sohn von der Hochzeit - wie im Märchen. Schwesterchen, ich hoffe Du bist nun entleert und "geheilt" :-) Hey Elmar, jetzt solltet ihr aber nicht mehr so nah zusammen schlafen, dann hörst Du ja Jörgis schmatzen wie in einer "Disco" - mit den geputzten Ohren. Klimawechsel: war das erste Mal in dieser Saison auf den Brettern, hab den Spitzing getestet - sau cool so freitags wo jeder arbeitet und ich im Schnee - allein. ich glaub das schreit nach Wiederholung!! Hihi.
Alles Liebe
Klene

Anonym hat gesagt…

Hallo Ihr Drei,

jetzt melde auch ich mich endlich mal. Zuerst mal Vielen Dank für die Karte aus dem Oman. Und vor allem für die genialen Berichte in Eurem Blog. Wie ich sehen konnte hat es ja zwischenzeitlich auch mit den Reifen geklappt. Kamen die dann aus Deutschland oder habt Ihr die in Dubai gekauft? Jetzt muss ich dann nur noch alle Blogs aus der Oman-Zeit lesen, dann bin ich auch wieder up-to-date. Solltet Ihr nach Chennai kommen, schießt mal ein Foto von meinem Arbeitgeber dort.

So jetzt wünsch ich Euch weiterhin viel Glück, Gesundheit und alles andere auf Eurer Reise!

Salve, Olaf

PS: Lang lebe der Boxer-Beat! ;-)

Annette, Joerg und Elmar hat gesagt…

Indien - Entweder man liebt es oder hasst es.

Nach 10 Tagen Indien wissen wir noch nicht so genau wo wir uns einordnen sollen. Die grosse Liebe wird es nicht mehr. Vielleicht bilden wir ja die Ausnahme, die sich werde zu schwarz noch zu weiss bekennt. Unsere Liebe gehoert bisher wohl dem Iran und dem Oman.

Beschreiben wir Indien mal mit 2 Zitaten die uns Reisebekanntschaften mit auf den Weg nach Indien gegeben haben:

"Indien kann man schon im Landeanflug ab 2000 m Hoehe am Gestank erkennen!"

"Indien mit seinen Touristenattraktioenen (und besonders dem Taj Mahal) ist, als wuerde man den Koellner Dom inmitten einer riesigen Muellkippe platzieren!"

"Schau' ma mal" sagen AJE

Anonym hat gesagt…

Hallo Ihr drei Globetrotter,

als langjähriger Freund des Hauses Reinhardt und leidenschaftlicher Skatbruder von Jürgen ist es mehr als überfällig, auch mich endlich einmal für die beeindruckenden Reiseberichte aus Fernost zu bedanken und den Autoren ein dickes Lob auszusprechen.
Es ist faszinierend Eure Berichte zu lesen und jedes mal warte ich schon wieder ungeduldig auf den nächsten.
Zunächst freut es mich besonders, daß die Reise ( zumindest bis jetzt ) ohne jegliche Probleme verlaufen ist ( außer ein Finger, der bald hätte dran glauben müssen ).Selbst die schwierigen Verhandlungen mit den Behörden habt Ihr gut gemeistert.
In Euren Berichten wird immer wieder die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der jeweiligen Landesbevölkerung erwähnt, egal ob in der Türkei, Irak, VAE oder Indien. Ich denke, da können wir Deutschen noch einiges dazu lernen.In Indien beweisen sogar die tierischen Bewohner ihre Gastfreundschaft und geben "Sondervorstellungen" beim Herannahen von ausländischen Touristen!
Und nun steht Weihnachten vor der Tür. Bei Euch wird das Fest etwas anders verlaufen als all die Jahre zuvor, aber sicher auch mit einem gewissen Charme und Reiz ( andere Länder, andere Sitten ).
Wir hatten bis jetzt im Alpenvorland weihnachtlich überzuckerte Wiesen und Felder bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, aber heute hat es angefangen zu regnen und an den Feiertagen soll es ähnlich schmuddelig sein ( the same procedure as every year! ).
Euch Dreien wünsche ich schöne Feiertage und weiterhin eine spannende und erlebnisreiche Zeit.

Herzliche Grüße aus Grafing

Heinz Schick

Anonym hat gesagt…

Liebe Schicks,

vielen herzlichen Dank fuer den Kommentar und das grosse Lob! Hat uns gut getan!

Froehliche Festage, AJE