Samstag, 11. Oktober 2008

Esfahan - Perle Persiens

Dass wir einmal gern Autobahn fahren wuerden, haetten wir in unseren kuehnsten Traeumen nicht gedacht. Haben wir in der Tuerkei die Autobahn gemieden, sind wir hier froh, dass es sie gibt, bedeutet es doch deutlich entspannteres Fahren. Nach einem langen Fahrtag erreichen wir bei Einbruch der Dunkelheit Esfahan.




Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft gehoeren im Iran zum guten Ton. Wenn man also einmal nicht weiter weiss, kein Problem: einfach mit den Mopeds zentral irgendwo hinstellen und warten. Von Warten kann aber gar nicht die Rede sein, denn noch nicht abgestiegen bzw. den Helm abgenommen, sind wir schon von einer Traube Einheimischer umgeben, die uns ihre Hilfe oder ihr Zuhause anbieten.



Wir halten also an einer guenstigen Stelle an und sofort finden sich die Besitzer der umliegenden Geschaefte und Werkstaetten ein. Wir beantworten die gaengigen Fragen (Where are you from? What is your name? How do you like Iran? Where have you been so far? How much is your motorbike? …) und bitten dann darum, unsere Freunde anzurufen. Eine halbe Stunde spaeter sind Mani und Dara zur Stelle und wir folgen ihnen zu Manis Zuhause. 
Als die Motorraeder sicher bei der Schwester im Hof abgestellt sind, erwartet uns Ali Lotfi, das Familienoberhaupt, zu einem kleinen Imbiss. Vorher bekomme ich von den Jungs noch ein paar Tipps bzgl. Verhalten, denn Lotfi Senior ist bekennender Muslim und Fundamentalist (wie seine Kinder sagen...), also Kopftuch und auf keinen Fall die Hand geben!



Mani stellt uns sein Reich im Souterrain zur Verfuegung, wir richten uns ein und duschen uns den Strassenstaub vom Leib. Spaeter kommen Geschwister, Freunde und Nachbarn zum Essen herunter. Manis Mutter hat einen leckeren Linseneintopf gezaubert, dazu gibt es Berge von Reis, Brot und Dogh, ein Jogurtgetraenk aehnlich dem Tuerkischen Ayran. Noch lange sitzen wir an diesem Abend in geselliger Runde zusammen und verstaendigen uns radebrechend aber erfolgreich auf Englisch.



Am naechsten Tag sind Dara und Mouriss unsere Reisefuehrer. Per Taxi und pedes geht es kreuz und quer durch die Stadt.



Wir besuchen den Hasht-Besht-Palast,



lassen uns vom Imam-Square und der Imam-Moschee beeindrucken,







laufen durch den Bazar





hinauf zur Jameh-Mosque und sind rechtzeitig zurueck,





um bei Sonnenuntergang noch einmal die traumhaft schoene Atmosphaere des Imam Square zu geniessen.














Joerg wird noch von der lokalen Presse um seine Meinung gebeten.



Auf dem Basar findet man noch alle moeglichen traditionellen Handwerksberufe.

Kupferschmiede,


 


Miniaturmaler



sowie Fliesenklopfer fuer die unzaehligen und beeindruckenden Mosaike.







Mittags essen wir eine Spezialitaet der Stadt. "Beryani" ist orientalisch gewuerztes Hackfleisch mit etwas Leber im Fladenbrot serviert. Als Snack zwischendurch trinken wir frisch gepressten Karottensaft auf Vanilleeis. Alles sehr lecker!

Eigentlich ein wunderbarer Tag. Aber leider gelingt es uns nicht, zuverlaessige Informationen ueber die Fahrzeiten und Preise der Faehre von Bandar-e Abbas nach Dubai zu bekommen. Auch wird es immer klarer, dass wir selbst diese Tickets nicht mit Kreditkarte werden bezahlen koennen. Und das ist ein Problem! Ein grosses Problem sogar, denn einmal im Iran, ist es nicht moeglich, an Bargeld auslaendischer Waehrung zu kommen, Geldautomaten gibt es nicht. Und die Faehre scheint teuer zu werden. Ausserdem muessen wir wahrscheinlich unser Visum verlaengern, da uns niemand sicher sagen kann, wie der Fahrplan lautet. Also noch weitere Ausgaben. Oh weh!

Vom eigentlichen Problem des Tages ahnen wir zu dem Zeitpunkt jedoch noch nichts. Was wir naemlich nicht wissen ist, dass die Touristenpolizei in Esfahan es nicht gern sieht, wenn sich Touristen mit Einheimischen einlassen. In den vergangenen Jahren ist es wohl immer wieder zu Ueberfaellen vermeintlicher iranischer Freunde auf Touristen gekommen. Als Dara beim Besuch der Moschee am Morgen keinen Ausweis vorzeigen kann, der ihn als offiziellen Reisefuehrer ausweist, nimmt das Unheil seinen Lauf.
Gerade erst vom langen Tag in der Stadt zurueck, erwartet die Touristenpolizei, dass wir noch am selben Abend in ein Hotel umziehen. Wir sind alle sehr aufgebracht, Elmar will stehenden Fusses zur Polizei und die Sache richtig stellen. Schliesslich kennen wir die Jungs aus Mazuleh und wissen, auf was wir uns einlassen. Aber Dara ist die Angelegenheit sehr unangenehm, zumal die Polizei bereits bei ihm zuhause aufgetaucht ist, und so willigen wir ein. Immerhin kann er noch erreichen, dass wir uns unsere Bleibe selbst aussuchen duerfen. In einer Hauruckaktion packen wir das Noetigste zusammen und machen uns – nachts um zehn - auf die Suche nach einem preislich und hygienisch angemessenen Hotel. Nach zahlreichen vergeblichen Versuchen (manche Hotels nehmen keine Auslaender!), werden wir fuendig. Der Manager kennt das Problem. Das sei nur in Esfahan so, berichtet er. Der hiesige Polizeichef sei eben uebereifrig. Als wir am naechsten Tag noch Kopien unserer Paesse und die Kennzeichen der Fahrzeuge einreichen muessen, platzt Joerg endgueltig der Kragen und er beschwert sich. Alles nur zu unserer Sicherheit, heisst es mit einem schmierigen Laecheln! Vielen Dank auch!

Auch der naechste Tag hat zunaechst nichts Gutes zu bieten. Gemeinsam mit Dr. Behnam (Spitzname), seinem Begleiter Xander (der junge Mann spricht etwas deutsch) und Mani ziehen wir von Bank zu Bank und Wechselstube zu Wechselstube, um doch noch an Bargeld (Euros oder Dollars) zu kommen. Leider vergeblich. Die Euro benoetigen wir zur Sicherheit um die Faehre von Bandar-e Abbas nach Dubai bezahlen zu koennen. Wir sind naemlich urspruenglich in unseren finaziellen Planungen davon ausgegangen, diese mit Kreditkate zahlen zu koennen. Hier kann uns aber wiederum niemand zuverlaessige Auskunft geben und wir kommen immer mehr zu der Einsicht, dass bargeldloser Zahlungsverkehr im Iran ueberhaupt nicht moeglich ist. Doch dann bekommen wir einen Tipp und nach gut drei Stunden haben wir - gegen 15 % Aufschlag - 500 Euro in der Tasche und das, ohne dem rettenden Engel eine Sicherheit hinterlassen zu koennen ... Wahnsinn, oder? Der Iran und seine Menschen sind immer wieder fuer eine Ueberraschung gut! Viele hier sind mit der Politik der Regierung unzufrieden und versuchen sie zu hintergehen. So auch dieser Mann. Sobald wir in den VAE sind, werden wir den Betrag dem dortigen Partnerbuero zurueckzahlen. Uns faellt ein Stein vom Herzen!

Die Stimmung steigt und so koennen wir das Nachtmittagsprogramm mit Mani wieder geniessen:

Den Chehel Sotun Palast



und die wunderschoenen Bruecken ueber den Zayandeh. Eis schleckend sitzen wir bei Sonnenuntergang auf der Khaju Bruecke und geniessen die bezaubernde Atmosphaere.















Ein weiteres Highlight des Abends ist ein Picknick im Park des Hasht-Besht Palastes mit der Grossfamilie Lotfi und Freunden.



Am letzten Tag zeigt uns Dr. B. das armenische Viertel mit der aussergewoehnlich schoen bebilderten Vank Kathedrale und dazugehoerigem Museum. Dann fahren wir noch hinaus zum Feuertempel der Zoroastrier, dem Ateshkadeh.





Den Nachmittag verbringen wir in der Zentralbibliothek, hier gibt es Internetanschluss. 

Abends holt uns Dr. B. wieder ab. Er hat zum Essen in seinem Haus geladen.



Da sein Junggesellenhaushalt eine Katastrophe ist, hat Manis Mutter alles, vom Teller bis zum vorgekochten Essen, von zuhause mitgebracht. Dann folgt folgende Prozedur: Tee trinken, Obst essen, Reden, Tanzen (wir zeigen Walzer) und Singen. Wir tragen Udo Juergens und Reinhard Mey vor, wollten es schon mit Weihnachtsliedern versuchen, da uns peinlicherweise kein deutsches Volkslsied einfiel, dessen vollen Textes und Melodie wir maechtig waeren. Gott sei Dank hat jemand einen Laptop dabei und wir koennen die Texte im Netz hochladen. Erst gegen Mitternacht schliesslich gibt es Abendessen – iranischen Gruenkohl mit Reis. Puh!

Um ein Uhr frueh haben wir noch kurz die Moeglichkeit, bei Dara und seiner Frau Marjan vorbeizuschauen. Sie haetten uns so gern auch einmal als Gaeste gehabt, doch diverse organisatorische Missverstaendnisse der Freunde untereinander liessen es nicht mehr dazu kommen.

Manis Bruder ist so nett, uns zum Hotel zu fahren. Dort erwartet uns eine boese Ueberraschung: das Hotel ist zu, der Nachtportier hoert die Klingel nicht und wir stehen dumm da! Kurzerhand werden wir wieder ins Auto verfrachtet, zuhause werden Matratzen und Decken aus dem Schrank geholt und schon liegen wir im Wohnzimmer nebeneinander und sollen bei all der Aufregung schlafen! Esfahan, was hast du noch fuer Ueberraschungen fuer uns bereit?
Unsere Meinung: Schwarze Schafe gibt es ueberall und wir fuehlen uns in der Tuerkei und im Iran wesentlich sicherer als in manchen deutschen, italienischen oder franzoesischen Grossstaedten. Genau genommen unterstellt die Polizei, dass alle Buerger Esfahans potentiell kriminell veranlagt seien. Tatsache aber ist, dass diese unsere Freunde, die potentiellen Kriminellen, einspringen und uns aus der misslichen Lage helfen, die uns die oertliche Polizei, unser Freund und Helfer, quasi eingebrockt hat. Absurd! Und das ist gewiss: Waeren wir mit dem Taxi zum Hotel gefahren, haetten wir sicherlich beim Taxifahrer zu Hause uebernachten koennen. Ganz unkompliziert, nachts um 2 Uhr. Das ist Iran!

Wenigstens erreichen wir am naechsten Morgen nach einigem hin und her, dass wir die Nacht nicht bezahlen muessen.

Zum Abschied vor Manis Zuhause hat sich fast die ganze Familie versammelt.

Wir bedanken uns bei der Hausherrin mit einem Blumenstrauss. Eigentlich wollten wir in dem Blumenladen nur eine Hand voll Blumen. Nach einer halben Stunde Wartezeit und 5 Euro aermer koennen wir dann dieses Prachtexempler ueberreichen.



Wir stellen noch einen typischen Viersitzer nach, wie man ihn tagtaeglich auf den iranischen Strassen beobachten kann. Alles immer "No Problem".


"Auf Wiedersehen – gern auch in Deutschland!", rufen wir ihnen zu, bevor wir um die Ecke biegen und in Richtung Yazd davonbrausen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Liebe Annette, Jörg und Elmar,
wir verfolgen mit Interesse und Spannung Eure Abenteuer und freuen uns, daß Ihr gerade im Iran viele schöne Erlebnisse habt.
Falls Euch der Weg auch nach Shiraz führt, empfehlen wir unbedingt einen Besuch am Grabmal des berühmten persischen Dichters HAFEZ. Dort findet Ihr gelehrte Männer, die auf Wunsch seine Gedichte im Original rezitieren. Auch wenn Ihr nicht alles verstehen könnt, ist die Stimmung an diesem Ort -besonders am Abend, wenn die Sonne sinkt und die Nachtigallen singen- eine ganz besonders romantische (selbst erlebt)!!!
Weiterhin alles Gute wünschen
Inge & Parvis